AufstehnAufeinanderzugehn

Wir wollen aufstehn, aufeinanderzugehn,
voneinander lernen, miteinander umzugehn,
aufstehn, aufeinanderzugehn,
und uns nicht entfernen, wenn wir etwas nicht verstehn.
Für eine solidarische Gesellschaft
Unsere Gesellschaft leidet unter der Corona-Pandemie. Mehr als 100.000 Menschen haben ihr Leben verloren. Ungezählte leiden unter den Langzeitfolgen. Viele trauern um Eltern, Verwandte, Freundinnen und Nachbarn. Wir alle leiden unter Kontaktbeschränkungen, viele sind in ihren sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten einschneidend behindert. Manche haben Angst, viele sind einsam. Kinder, Jugendliche und Familien sind besonders belastet. Wir sehnen uns nach der Aufhebung einschränkender Maßnahmen.
Wir danken allen, die sich um Menschen kümmern, die erkrankt oder in Quarantäne sind oder die in dieser Situation unter Einsamkeit leiden. Wir danken besonders den Pflegenden in Krankenhäusern und Altenheimen, den Ärztinnen und Ärzten und Mitarbeitenden in Arztpraxen, den Mitarbeitenden in den Impfzentren.
Wir setzen uns ein für eine solidarische Gesellschaft, in der Menschen einander im Alltag unterstützen, und in der bei unterschiedlichen Meinungen einander zugehört und miteinander geredet wird.
Unsere kritische Solidarität gilt den politisch Verantwortlichen. Einige haben Fehler gemacht, wenige haben sich an der Pandemie bereichert. Einige haben unnötig in der Öffentlichkeit gestritten, um sich zu profilieren oder bei Wahlen zu profitieren. Aber mehrheitlich sind sie nach Kräften bemüht, einen guten Weg durch die Pandemie zu finden.
Wir danken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihr Wissen und ihre Energie einsetzen, um Menschen zu helfen, um Behandlungsmethoden, Medikamente, Impfstoffe und anderes zu finden, das Leiden verhindert, mindert oder heilt. Sie leisten mehrheitlich einen konstruktiven Beitrag.
Wir nehmen wahr, dass viele Medien, auch die öffentlich-rechtlichen, die Öffentlichkeit gut informieren und zu einer kritischen, differenzierten Meinungsbildung beitragen. An einzelnen Stellen sehen wir aber auch, dass Meldungen bewusst verfälscht werden, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Hier appellieren wir an deren Verantwortung.
Wir verstehen, dass Menschen unter Pandemiemaßnahmen leiden und dass sie kritisch darüber diskutieren. Das ist Ausdruck unserer demokratischen Kultur. Mit Besorgnis beobachten wir allerdings, dass Verschwörungstheorien Raum gewinnen und dass nicht wenige sich zunehmend nicht als Teil der Gesellschaft sehen, sondern dass sie Politik, Wissenschaft und Medien pauschal ablehnen oder gar verachten. Wir sehen radikale Gruppierungen, die diese Stimmung nutzen und sie mit antidemokratischen und antisemitischen Ressentiments aufladen. Gerade von kritischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern erwarten wir, dass sie sich hier klar distanzieren.
Wir bitten alle Bürgerinnen und Bürger, sehr ernsthaft zu prüfen, wie sie zur Eindämmung und Überwindung der Pandemie beitragen können – indem sie sich mit den genannten Fragen, Problemen, Sorgen auseinandersetzen, indem sie nicht schweigen, wo antidemokratische Meinungen vertreten werden – aber auch, indem sie Kontakte reduzieren, sich regelmäßig testen, sich impfen lassen…
Die Pandemie erinnert uns auch an die Notwendigkeit, unseren Lebensstil zu überprüfen – unseren Umgang mit Gottes Schöpfung, mit Tieren und Pflanzen, mit dem Verbrauch von Ressourcen. Wir verpflichten uns selbst, dies zunehmend zu tun und uns in unserem Umfeld dafür einzusetzen. Und wir treten ein für eine solidarische Gesellschaft, in der Menschen verantwortlich und kritisch miteinander umgehen.
Hermann Birschel, Clemens Bittlinger, Daniel Fritz, Edith Unrath-Dörsam